Recycling als Exportschlager?!

AUSGABE 03/04 | 2017
Ein Aufruf zu mehr Sauberkeit auch in Europa

Während meiner Auslandsaufenthalte vor allem in Indien erstaunt mich immer wieder, wie sich die Menschen an jeder Ecke bis in das eigene Wohnzimmer quasi zumüllen. Sichtbar sind meist Kunststoffflaschen und –tüten. Für uns Europäer ist es sehr gewöhnungsbedürftig, zu sehen, dass es in vielen Ländern keine oder nur schlecht funktionierende Müllsammelsysteme gibt und dass die Einwohner dies für absolut normal halten. Einmal im Jahr kommt der Monsun und spült die auf Straßen, in Kanälen und Flussbetten liegenden Müllmengen einfach weg: Der Müll landet in den Meeren – und ist aus dem Sinn.

In seiner Biographie zeigte sich der spätere südafrikanische Präsident Nelson Mandela geschockt, als er nach Jahrzehnten der Abwesenheit sein Heimatdorf wieder besuchen durfte. Eigentlich waren der Ort und die Menschen gleich geblieben, nur der Müll, der sich an jeder Stelle zeigte, war hinzugekommen. Nicht mehr der Mutterboden, sondern eine Schicht aus Kunststoffmüll stach ins Auge.

Die Beispiele ließen sich beliebig ergänzen. Es ist ja auch bequem, auf andere zu zeigen. Man könnte meinen, dies sei nur ein Problem in Schwellen- bzw. Entwicklungsländern. Weit gefehlt!

Als Vielfahrer auf deutschen Straßen beobachte ich über die letzten Jahre eine deutliche Zunahme des Müllaufkommens an Straßenrändern, Mittelstreifen, Parkplätzen und Autobahnkreuzen. Einmal sensibilisiert, sieht man überall (auch in den Wäldern) Müll, der leider zu einem großen Teil aus Kunststoff besteht. Allein an den Straßen in Nordrhein-Westfalen müssen jährlich über 16.000 t Müll gesammelt und entsorgt werden. Auch die deutschen Städte wissen nicht mehr, wie sie für Sauberkeit sorgen sollen. Diese Situation ist für den Ruf unserer Branche nachhaltig nicht dienlich.

Dabei sind nicht der Kunststoff und seine wirklich exzellenten Lösungen als Packmittel für Lebensmittel oder Transportbehältnis Grund der Misere. Ich meine, dass das, was uns in Deutschland einmal ausgezeichnet hat – der Sinn für Ordnung und Sauberkeit – zunehmend abhanden kommt. Vielleicht sollte man regelmäßige Werbespots und Kampagnen starten, die immer und immer wieder deutlich machen, dass nicht die Kunststofftüte schuld am Müllaufkommen ist, sondern derjenige, der sie einfach auf die Straße wirft. Wenn in den Fast-Food-Ketten kontinuierlich Kinowerbung laufen kann, dann ist doch Platz für diese lebenswichtige Botschaft, die so u.a. auch ausländische Lkw-Fahrer direkt erreicht. Singapur sorgt übrigens konsequent mit hohen Geld- und Gefängnisstrafen dafür, eine der saubersten Städte weltweit zu sein.

Auch Marine Litter mit den Müllteppichen in den Weltmeeren erzeugt nicht der Kunststoff, sondern der Mensch. Unsere Industrie zählt zu den führenden weltweit, was Recyclingtechnologien angeht. Hier liegt eine riesige Chance, diese Lösungen in noch größerem Maß zu exportieren als schon heute. Stattdessen sprechen wir über die Abschaffung des „Gelben Sacks“, weil das System nicht wirtschaftlich ist. Das System muss richtig ausgebaut und unser ganzes Land wieder zu einem „Showroom“ bezogen auf die Umwelt und die dahinterstehenden technischen Lösungen gemacht werden.

Ich bin mir sehr sicher, dass mit einem Visionär vom Kaliber eines Elon Musk die Lösung von Müllproblemen weltweit sehr schnell voranzutreiben wäre, wenn ihm klar ist, dass Kunststoffmüll zugleich Rohstoff- und Energiespeicher ist.

Dr. Arno Rogalla ist Autor der monatlich erscheinenden Kolumne im K-Profi

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