Insolvenzalarm

AUSGABE 03/04 | 2019
Wie sich Eigentumsverhältnisse rechtzeitig klären lassen

„Die Werkzeuge sind doch durch Plaketten eindeutig als unser Eigentum gekennzeichnet!“ So die häufige Aussage der Kunden eines Kunststoffverarbeiters in Insolvenz, den ich gerade begleite. Dies ist leider nicht die ganze Wahrheit. Die Werkzeugschilder (und das gilt sinngemäß für alles weitere Inventar) geben lediglich einen Hinweis auf das Eigentum. Rechtlich bindend sind bei Werkzeugen, die ein Zulieferer in Auftrag erstellt hat und mit denen er fertigt, klar definierte Werkzeugleihverträge. Bei sog. Verlagerungsformen oder beigestellten Formen weisen Lieferscheine das Eigentum nach. Jedoch selbst wenn Neuwerkzeuge zu 100 % durch den Kunden bezahlt wurden, sichert erst ein Vertrag den Besitz. Es empfiehlt sich also, schon in der Erstellungsphase für eindeutige Verhältnisse zu sorgen.

Natürlich prüfen Kunden sofort Möglichkeiten der Verlagerung aus einem insolventen Unternehmen, sobald ihnen die Insolvenz bekannt wird. Sowohl der Schutzschirm durch das Insolvenzrecht als auch ungeklärte Eigentumsverhältnisse unterstützen das insolvente Unternehmen zunächst einmal dabei, wieder auf die Füße zu kommen und nicht zusätzlich vor dem „Nichts“ zu stehen. Ein Recht auf Verlagerung hat ein Kunde bei geklärten Eigentumsverhältnissen allerdings dann, wenn das insolvente Unternehmen Preiserhöhungen durchsetzt.

Insolvent wird ein Unternehmen nicht einfach so. In der Regel führen unvorhergesehene Ereignisse (Kunden und Aufträge brechen weg) oder ein schlechtes Phasing bei der Liquidität zur Zahlungsunfähigkeit. Leider – und dies ist kein Einzelfall – ist das Preis- und Kostengefüge ungeeignet, um langfristig wirtschaftlich zu arbeiten. Preiserhöhungen müssen durchgesetzt werden, denn ein insolventes Unternehmen darf keine Kunden mit Verlust bedienen. Dies fordert das Insolvenzrecht.

„Mein“ Insolvenzfall wird in sog. Eigenverwaltung abgewickelt, d.h. die Geschäftsführer sind auch weiterhin voll handlungsfähig und -berechtigt. Ein Sachwalter (in der Regelinsolvenz: der Insolvenzverwalter) hat eine klar definierte Aufsichtsfunktion und muss eingreifen, wenn das Unternehmen Dinge tun möchte, die nicht dem laufenden Unternehmenszweck dienen. Dies schützt sowohl Kunden als auch Lieferanten. Unterstützt wird der Prozess weiterhin durch einen Sanierungsberater (Rechtsanwalt mit Insolvenzrechtshintergrund). Gerade die Themen „Eigentum und Eigentumsvorbehalt“ sowie sämtliche vertragsrechtliche Fragestellungen werden durch ihn bedient. Er ist gegenüber Kunden der Überbringer schlechter Nachrichten, wenn das o.a. Werkzeugeigentum im schlechtesten Fall gar nicht geregelt ist. Dann haben die Kunden bei Verlagerungswunsch die Möglichkeit, die Werkzeuge – im worst case, indem sie noch einmal den vollen Preis zahlen – herauszukaufen. Dies ist sicherlich keine schöne Lösung. Es ist einem insolventen Unternehmen aber sicherlich relativ egal, denn der Kunde zieht ja nicht nur die Werkzeuge, sondern die damit verbundenen Fertigungsaufträge ab.

Die Erfahrungen führen mich zu einigen wesentlichen Kernaussagen:

  • Die Lösung von Liquiditätsproblemen sollte nicht hinausgezögert werden.
  • Eine Insolvenz kann sehr helfen, vorher versäumte oder nicht durchgesetzte Restrukturierungsmaßnahmen unter Druck umzusetzen.
  • Der kontinuierliche und ehrliche Dialog mit Mitarbeitern, Kunden und Zulieferern kann Lösungen erbringen, die sonst schier unmöglich erschienen.
  • Die Insolvenz in Eigenverwaltung wird nur dann genehmigt, wenn ein klares Konzept vorliegt, wie das Unternehmen wirtschaftlich fortgeführt wird. Ein „Weiter so“ wird nicht akzeptiert. Die Ursachen der Insolvenz müssen verstanden und eliminiert werden.

Dr. Arno Rogalla ist Autor der monatlich erscheinenden Kolumne im K-Profi

Sie finden meine Sichtweise interessant und haben vielleicht eine eigene Meinung?
Ich freue mich auf einen Austausch. Sprechen Sie mich gerne an.

Im Netzwerk teilen:

Share on xing
XING
Share on linkedin
LinkedIn
Share on email
Email
Share on print
Print
Scroll to Top