Corona – das Gesicht der Krise und ihr Brandbeschleuniger

AUSGABE 03/04 | 2020
Besonnenes, aber konsequentes Krisenmanagement ist notwendig

Dass insbesondere durch Dieselgate geschürt, unsere Automobilindustrie in eine länger anhaltende wirtschaftliche Krise laufen würde, konnte man ab Herbst letzten Jahres deutlich spüren. Die OEMs verschoben konsequent längst überfällige Modellpflegen und Neuanläufe, Werkzeugbauaufträge in unserer Industrie waren daraufhin rückläufig, viele Werkzeugbauer arbeiteten an Notfallplänen. Gleichzeitig lief es in Kunststoff verarbeitenden Betrieben vergleichsweise stabil. Hier beliefert man die laufende Serie, weiß aber die Vorboten aus dem Werkzeugbau zu deuten. Die Unternehmen stellten sich gedanklich Ende des Jahres auf Umsatzrückgänge ein, handelten aber noch nicht konsequent.

Das Corona-Virus verschärft die Lage nun dramatisch. Noch spüren wir in Europa den Rückgang von Lieferungen aus China kaum, da aktuell nach 6 bis 8 Wochen Seeweg die Containerschiffe mit der Vorlaufproduktion für das Chinese New Year ankommen. Danach reduziert sich allerdings der Nachschub deutlich, und Ersatzlieferungen aus anderen Ländern bzw. von Zweit- und Drittanbietern werden so schnell nicht hochzufahren sein. Zu sehr hat man sich auf China als Rohstoff- und Komponentenlieferant verlassen. Die Produktion in China läuft erst langsam wieder an. Für uns bedeutet das ab April eine deutlich zu spürende Unterauslastung in der Produktion. Parallel werden wirtschaftliche Brandherde weltweit nicht gelöscht, sondern sie verschärfen sich: Die OPEC und Russland liefern sich einen Preiskampf ums Öl, der Ölpreis geht in den Keller und mit ihm auch die Aktienkurse. Zahlreiche Freihandelsabkommen werden zwar verhandelt, greifen aber noch nicht; der Krieg in Syrien mit den Flüchtlingsströmen eskaliert immer weiter. Corona beschleunigt nur, was wir schon lange spüren.

Die Bundesregierung diskutiert aktuell über das Corona-Krisenmanagement und die kritische wirtschaftliche Gesamtsituation. Es ist in den nächsten Tagen und Wochen mit Konjunkturprogrammen sowie erleichterten Mechanismen der Kurzarbeit zu rechnen. Größere Unternehmen erarbeiten intensiv ihre Notfallpläne in sogen. „Task Forces“ und setzen diese um. Nur für viele KMU, die in der Regel nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen, um schnell, geeignet und angemessen zu agieren, wird es jetzt eng. Aspekte wie Sicherstellen von Lieferketten, Mitarbeiterführung und -schutz und eine enge Liquiditätsüberwachung sind essentiell. Sind die Instrumente und Mechanismen nicht tagesaktuell gepflegt oder stehen gerade jetzt nicht die notwendigen Kapazitäten hierfür bereit, so ist es empfehlenswert, sich Hilfe von außen zu holen. Dies sollte man auch dann tun, wenn es aus Finanzsicht gerade der vollkommen unpassende Moment ist. Es steht zu befürchten, dass in der nächsten Zeit die Insolvenzen zunehmen. Die Anzeichen hierfür lassen sich im Unternehmen sehr gut und rechtzeitig erkennen.

In jeder Krise liegt aber auch eine Chance. Vielleicht werden nun eine dezentrale Beschaffung als Strategiebaustein (wieder-)entdeckt oder auch neue Kapazitäten in der Versorgung mit Artikeln der Medizintechnik reaktiviert, die in Europa liegen. Sollten Quarantänen in den nächsten Wochen anstehen, so kann dies unsere „Digitalisierungsstrategie“ mit e-Learning und der intensiveren Nutzung der Kommunikation über das Internet fördern. Leider lässt sich das Home Office nicht für jenen Großteil der Bevölkerung einrichten, der produktiv arbeitet.

Dr. Arno Rogalla ist Autor der monatlich erscheinenden Kolumne im K-Profi

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